"HEUTE": Hosea Ratschiller im Gespräch

Diese Woche präsentiert der gefeierte Radiomacher, Autor und Kabarettist Hosea Ratschiller seine neue Arbeit. In "HEUTE" zeigt er ein Remix seines bisher 15-jährigen humoristischen Schaffens. Mit kabarett.at hat sich Ratschiller u. a. über Inspirationen, humoristische Unterschiede zwischen Radio und Bühne und seine nächsten Projekte unterhalten.

Wenn der Humorist am 19. Oktober im Niedermair seine neueste Arbeit "HEUTE: Hosea Ratschiller" erstmals aufführt, kann er trotz seines noch jungen Alters auf eine eineinhalb Jahrzehnte währende Laufbahn zurückblicken. Nach ersten Schritten beim Privatradio kommt Ratschiller im Jahr 2000 zu FM4. In der hauseigenen Kreativabteilung entsteht dort neben anderen Figuren der nun schon legendäre FM4 Ombudsmann, dem Ratschiller Text und Stimme leiht.

2009 gibt er sein Kabarett-Debut im Niedermair, bleibt aber auch dem Radio enthalten. Gemeinsam mit Thomas Maurer, Martin Puntigam und anderen entsteht bei Ö1 die Nachfolgesendung des "Guglhupf" namens "Welt Ahoi!". Nach der ersten Ausstrahlung brechen aufgrund der Hörerreaktionen die Server beim ORF zusammen. Ein gutes Jahr danach wird die Sendung einvernehmlich eingestellt.

Auf der Bühne spielt Ratschiller ab 2011 seine zweites Solo "Das gehört nicht hierher" und geht zudem mit der "FM4 Ombudsmann-Dienstreise" auf Tour. Für beide Programme erhält er 2012 den Österreichischen Kabarettpreis in der Kategorie "Programmpreis". Im Dezember gleichen Jahres spricht man ihm in Passau das "Scharfrichterbeil" zu. Weiter geht es nun im Oktober 2013 mit "HEUTE: Hosea Ratschiller". Aus Anlass der bevorstehenden Premiere haben wir mit Hosea Ratschiller gesprochen.

 

"HEUTE: Hosea Ratschiller" heißt dein neues Programm und laut Ankündigung handelt es sich um eine Art Remix deines bisherigen Werkes. Kannst du kurz skizzieren, was uns erwartet?
Ich lebe meine Leidenschaft für große Pointen unverhohlen aus. Licht an – Witze – Licht aus. So wird das sein. In den letzten Jahren habe ich mit zunehmender Begeisterung Stand Up Comedy aus den USA aufgesaugt.
(Für alle, die ein lustiges Wochenende in Internet verbringen wollen, ich spreche von Woody Allen, Lenny Bruce, Will Ferrell, Bill Hicks, George Carlin, Bill Cosby, Richard Pryor, Steve Martin, Ellen DeGeneres, Jerry Seinfeld, Sarah Silverman, Dave Chappelle, Louis C.K. etc..)
Diese Künstler können in wenigen Sätzen ein ähnliches Flirren erzeugen wie ein guter Roman. Damit das funktionieren kann, spielen sie ihr Material über viele Jahre hinweg auf ein traumwandlerisches Level hinauf. Geschmiert oder outriert wird nur aus interessanten Gründen und trotzdem besteht intensiver Publikumskontakt. Ich habe einfach große Lust auf diese rasante, dichte Form und nach 15 Jahren Schreibtisch und Bühne endlich auch genug Material für einen Anfang.

Du hast zahlreiche Figuren auf der Bühne und im Radio kreiert und auch verkörpert. Woher nimmst du die Inspiration für diese Charaktere?
Zusammenarbeiten sind für mich sehr wichtig. Die gute Idee lauert oft in der Wertschätzung für die gute Idee eines anderen. Aus nächster Nähe miterleben zu dürfen, wie Maria Hofstätter spielt, wie Puntigam schreibt, wie Palfrader sich hingibt, Maurer formuliert, Hader verführt bzw. Votava oder Tagwerker schlicht brillant sind, das ist die beste Inspiration, die man sich vorstellen kann. Und dann fällt mir noch ein guter Satz vom Heller ein: Man darf sein Leben nicht schwänzen.

Der FM4 Ombudsmann hat es nach längerer Präsenz im Radio auch auf die Bühne geschafft. Ich stelle es mir nicht einfach vor, einer Figur, die nur durch das gesprochene Wort existiert, plötzlich visuelle Live-Präsenz auf der Bühne zu verleihen. Was waren die besonderen künstlerischen Herausforderungen dieser Transformation?
Die Maske hilft sehr. Aber diese wahnwitzigen Texte auswendig zu lernen, das grenzt an Idiotie. Der Ombudsmann will ja ununterbrochen die Welt umarmen und während er die Arme ausbreitet, wird ihm bewusst, wie verflucht groß die ist. Dieses leidenschaftliche Scheitern kann ziemlich lustig werden. Vor allem, wenn es mir gelingt, zwischen den abgefahrenen Textschwällen die schöne Geschichte von der Liebe lebendig werden zu lassen, die der Abend zum Glück (und Direktor Gratzer vom Rabenhof sei Dank) auch erzählt.

Worin siehst du, abgesehen von der fehlenden visuellen Komponente, die Unterschiede zwischen humoristischer Arbeit auf der Bühne und im Radio? Ist "Radiohumor" ein anderer als "Bühnenhumor"?
Naja, beim Radio machen ist man zum Beispiel schnell mit dem Eindruck bei der Hand: „Das war jetzt echt gut.“ Ein großer Teil der Wahrheit liegt aber auf dem Platz. Andererseits lebt Bühnenunterhaltung oft vom Bedienen simpler gruppendynamischer Reflexe. Das kann man sich im Radio abschminken.

2009 warst du Mitinitiator einer Nachfolgesendung des "Guglhupf" auf Ö1 namens "Welt Ahoi!". Diese wurde nach gewaltigen Hörerprotesten recht bald wieder eingestellt. Was ist damals deiner Meinung nach schief gelaufen?
Wir haben uns damals vorgenommen, pro Jahr 45 satirische Hörspiele zu schreiben, zu spielen, zu inszenieren und zu produzieren, die lustvolle Komik versprühen und nebenbei den Meinungsmainstream Österreichs aufbrechen und durchrütteln. Das war schon einmal relativ ehrgeizig kalkuliert.
Im ersten Jahr hatten wir dafür aber sogar noch genug Rückendeckung. Wir haben zum Beispiel von Klagen teilweise erst erfahren, nachdem der Chef sie bereits für uns vor diversen Gremien durchgestanden hatte. Das waren paradiesische Arbeitsbedingungen und die Qualität der Sendung ist folgerichtig kontinuierlich gestiegen. Die Proteste haben sich tendenziell in wertschätzende Kritik verwandelt, Interesse wurde zu Fantum.
Dann kam der Wechsel an der Spitze von Ö1 und die neue Führung hatte andere Pläne für den Sender. Rückblickend denke ich, wir hätten rechtzeitig mit dem Ensemble und den Texten auf die Bühne gehen sollen. Durch die intensive Arbeit an der Sendung hat uns ein bisserl der Kontakt zum Publikum gefehlt. Aber als Macher sehe ich naturgemäß nach wie vor die Einstellung an sich als größten Fehler. Wie oft kommt es vor, dass eine Hörfunk-Sendung mit derart leidenschaftlicher Ablehnung und Zuneigung verfolgt wird? Aus diesem Blickwinkel betrachtet war „Welt Ahoi!“ ja ein geradezu sensationeller Erfolg.

Was dürfen wir in näherer Zukunft von dir erwarten?
Derzeit arbeite ich mit Martin Puntigam an seinem neuen Soloprogramm „Supererde“ (Premiere: 12. 11. / Stadtsaal Wien), im Dezember feiert die Ombudsmann-Show Deutschland Premiere (es gibt aber auch Termine in Ö), im Frühjahr kann man sich in ORF1 die Sketch Comedy „BÖsterreich“ anschauen und jetzt gehe ich Text lernen für „HEUTE“. Servus!

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Die Premiere von "HEUTE: Hosea Ratschiller" findet am 19. Oktober 2013 um 19:00 Uhr im Kabarett Niedermair statt. Weitere Termine finden Sie hier. Tickets gibt es u. a. bei ÖTicket. Oder Sie gewinnen welche bei kabarett.at
 

Interview vom 15.10.2013, 10:18 Uhr · rb
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