"Große Chance" genutzt: Flo und Wisch

Sie gehörten zu den großen Entdeckungen der ORF-Castingshow "Die große Chance". Erst im Finale mussten sich die beiden jungen Wiener Kabarettisten Florian "Flo" Roehlich und David "Wisch" Krammer tierischer Konkurrenz geschlagen geben. Ein halbes Jahr und eine ausverkaufte Premiere später haben wir mit Flo und Wisch geplaudert.

Dass eine erfolgreiche Teilnahme an einer Castingshow im TV alleine kein Garant für eine erfolgreiche Karriere ist, dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Der schnelle Ruhm tut nicht allen Nachwuchskünstlern gut und häufig folgt auf einen schnellen Aufstieg ein tiefer Fall. Umso erfreulicher, wenn man auf Charaktere trifft, die den Verführungen des schnellen Ruhms nicht erliegen. Wie zum Beispiel die "Große Chance"-Finalisten Flo und Wisch. Beim Treffen mit kabarett.at zeigten sich die beiden Studenten als geerdete Künstler - zwar mit klaren Ambitionen aber doch wissend, dass Erfolg kein Selbstläufer ist.

Ihr seid einem breiten Publikum durch eure Teilnahme an der ORF-Show "Die große Chance" bekannt geworden. Aber ihr macht schon seit längerer Zeit gemeinsam Kabarett. Wie ist eure künstlerische Zusammenarbeit entstanden?
David: Richtig, es gibt uns schon länger, nämlich seit 22 bzw. 23 Jahren. Zusammengefunden haben wir erst später, als wir gemeinsam ins Gymnasium gegangen sind. Das war das Schottengymnasium, eine katholische Privatschule, wo es natürlich immer sehr anständig zugegangen ist :) Unsere ersten künstlerischen Schritte haben wir im Schultheater gemacht. In der Oberstufe haben wir dann öfter gemeinsam Referate gehalten und das neue Genre des "Partyreferats" erfunden, bei dem wir Lieder, Lichteffekte und schauspielerische Elemente eingebaut haben, um den Stoff lebendiger zu gestalten.

Und daraus hat sich dann eure Bühnenlaufbahn entwickelt...
Florian: Ja, der eigentliche Startschuss ist 2010 gefallen. Wir haben bei "Hopp oder Tropp" mitgemacht, einer Talenteshow im Vindobona. Und dort sind wir bis ins Finale gekommen. Im Lauf dieses Wettbewerbes haben wir auch zu unserem Stil gefunden: In der Vorrunde haben wir eine reine Spoken Word-Nummer gebracht, aber bereits für das Halbfinale ein Lied geschrieben. Das ist sehr gut angekommen und so hat sich gezeigt, dass unsere Stärke im Musikkabarett liegt.
David: In weiterer Folge sind wir öfter im Freundes- und Bekanntenkreis aufgetreten, auch bei Feiern. Nachdem das meistens recht gut angekommen ist, habe ich gesagt, gehen wir zum Casting für die "Große Chance".
Florian: Mir war das anfangs gar nicht recht, aber ich hab mich dann überzeugen lassen - zum Glück!

Was hat sich durch "Die große Chance" verändert?
Florian: Eigentlich alles. Wir hatten bei der "Großen Chance" erstmals die Möglichkeit, uns vor fremdem Publikum zu beweisen: Bei den Castings noch im kleineren Rahmen, schließlich im TV vor einem Millionenpublikum. Nach dem für uns völlig unerwarteten Erfolg bei der Show haben wir unsere bisherigen Werke als Basis genommen, um das erste abendfüllende Programm - "Hoffnungslos" - zu schreiben. Besonders überrraschend für uns ist der Umstand, dass unsere ersten Auftritte sehr schnell ausverkauft waren.
David: Es war eine ganz andere Situation als vorher. Bei der Premiere von "Hoffnungslos" im Orpheum waren kaum Leute, die wir persönlich kannten. Es ging sogar so weit, dass unsere Freunde keine Tickets mehr bekommen haben. Das war doch für alle Beteiligten sehr überraschend und erfreulich.

In eurem Vorstellungs-Clip bei der "großen Chance" habt ihr gemeint, ihr würdet in erster Linie teilnehmen, um eventuell hübsche Mädchen kennenzulernen. Hattet ihr diesbezüglich Erfolg?
Florian: Nun, es hat schon recht viele Zuschriften gegeben nach unseren TV-Auftritten. Ich möchte hier aber nicht zu sehr ins Detail gehen.
David: Sagen wir so, wir sind beide noch immer Singles, aber am Sondieren :)

Euer Musikkabarett erinnert stellenweise stark an die klassische Kabarettära der Fünfziger- und Sechzigerjahre? Bezieht ihr aus den Klassikern künstlerische Einflüsse?
Florian: Ich bin ein großer Fan der Generation um Qualtinger, Bronner und Kreisler. Das sind bewundernswerte Figuren. Die Lebensnähe von Bronner, das extrem Schwarze bei Kreisler - das sind alles Sachen, die man sich zum Vorbild nehmen könnte. Allerdings wäre es einerseits vermessen, uns mit diesen Legenden zu vergleichen, andererseits versuchen wir, unseren eigenen Weg zu finden.
David: Ich muss gestehen, ich bin diesbezüglich eher ein Banause und nicht besonders informiert über die Kabarettgeschichte. Aber ja - unsere Form des Musikkabaretts ist schon eher klassisch geprägt. Es gibt übrigens Kritiker, die meinen, das was wir machen sei altbacken - gerade auch weil wir noch relativ jung sind. Wir finden: Das ist halt unser Stil... und den Leuten gefällt es anscheinend auch recht gut.

Ihr gehört ja auch zu den bestangezogenen Kabarettisten des Landes, seid stets im Smoking auf der Bühne anzutreffen. Wie kommt das?
Florian: Dafür gibt es verschiedene Gründe. Ursprünglich haben wir uns für die schwarzen Smokings entschieden, weil sie überzählige Kilos ganz gut kaschieren. Vor einigen Jahren waren wir nämlich noch deutlich korpulenter als jetzt. Vor der "Großen Chance" haben wir beide eine Diät gemacht.
David: Früher hatten wir die Smokings auch nicht regelmäßig bei jedem Auftritt an, erst seit der "Großen Chance" sind Smoking und Lackschuhe zu einem Markenzeichen geworden. Und es passt auch ganz gut zu dem was wir machen - eben Kabarett, das eher klassisch geprägt ist.
Florian: Übrigens ist unser Outfit nicht ganz schwarz - wir tragen weiße Hosenträger :)

Ihr habt vorher schon über euer erstes abendfüllendes Programm "Hoffnungslos" gesprochen. Könnt ihr noch ein bisschen mehr darüber erzählen? Worum geht es?
Florian: Wie im Titel schon angedeutet ist das Programm aus einer tiefen Trauer heraus entstanden. Wir haben versucht, unsere Niederlage im Finale der "Großen Chance" gegen den Hund zu verarbeiten. Wir thematisieren unsere Gefühle in dem Programm. Es ist in Wahrheit ein verzweifelter Hilferuf an das Publikum.
David: Zumeist stoßen wir dabei aber auf wenig Gehör, weil das Publikum eher darüber lacht... Nein, ernsthaft: Das Programm ist im Grunde ein Streifzug durch unser bisheriges Schaffen und behandelt verschiedenste Themen: Alltagssituationen, teilweise politische Aspekte, mal sehr lustig, dann wieder eher zum Nachdenken.
Florian: Ich denke dieses breite thematische Spektrum drückt auch aus, dass wir noch am Ausloten sind, wohin der Weg genau gehen soll.

Wie läuft euer Arbeitsprozess ab? Wie entstehen die Nummern?
David: Was die Enstehung der Nummern betrifft, gibt es verschiedene Wege. Entweder einem von uns fällt für sich etwas ein, und er geht dann mit der begonnenen Nummer zum anderen. Dann machen wir gemeinsam weiter und schauen, in welche Richtung es geht. Oder wir beschließen, dass wir zu einem bestimmten Thema was schreiben wollen und suchen dann zu zweit nach einer Grundlage, von der ausgehend wir weitermachen können.
Florian: Die Texte waren immer schon zu 100% von uns. Was die Melodien betrifft, haben wir früher meistens bekannte Melodien mit neuen Texten versehen. Heute sind wir schon mutig genug, dass wir auch selbst komponieren.

Seid ihr eigentlich noch Studenten oder mittlerweile Vollzeit-Kleinkünstler?
Florian: Man kann sagen vor der "Großen Chance" waren wir Studenten, die hobbymäßig Kabarett gemacht haben. Jetzt ist es wohl eher umgekehrt.
David: Das ist eigentlich alles sehr schnell gegangen. Ich denke wir haben durch die Fernsehsendung viele Schritte übersprungen, die andere Kollegen über Jahre hinweg gehen müssen. Dieser recht schnelle Erfolg ist natürlich ein klarer Auftrag für uns, dranzubleiben. Trotzdem verfolgen wir weiter unsere Studien und wollen uns in unserer Lebensplanung nicht rein auf diese kleine, aber feine Option einschränken.

Was bringt die Zukunft?
David: In der nächsten Zeit stehen Auftritte mit "Hoffnungslos" an, sowohl in Wien als auch in den Bundesländern. Wenn alles glatt geht, wird es 2014 ein neues Programm geben. Wir wissen aber noch nicht, ob im Frühling oder im Herbst. Außerdem gibt es ein bereits bestehendes Weihnachtsprogramm namens "Liebes Christkind", das wir heuer in der Adventzeit einige Male aufführen werden.
Florian: Nebenbei wollen wir versuchen, ein Lied speziell zu schreiben um es professionell aufzunehmen und zu veröffentlichen. Wir möchten ausloten, ob auch daran Interesse besteht, unsere Musik abseits der Bühne auf CD oder im Netz zu hören.
David: Und schließlich wird es uns heuer im Herbst nicht erspart bleiben, die politischen Passagen des aktuellen Programms umzuschreiben, weil ja nach den Nationalratswahlen zum Teil neue Gesichter auftauchen werden...

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Flo und Wisch sind mit ihrem Debutprogramm "Hoffnungslos" noch einige Male vor der Sommerpause in Wien, Niederösterreich, der Steiermark und Kärnten zu sehen. Die vollständige Terminübersicht finden Sie in unserem Kalender.

Interview vom 15.05.2013, 11:25 Uhr · rb
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