Roland Düringer dekonstruiert die "WIRklichkeit"

Ein kollektiver „WIR-Wahnsinn“, der im krassen Gegensatz zur „Welt, wie sie ist“ steht. Eine konstruierte „WIRklichkeit“, aus Arbeit, Politik, Wirtschaft und Geld einerseits – die reale Welt der Empfindungen, der Sinne und der Emotionen andererseits. Das ist die Ausgangsposition in Roland Düringers „WIR – Ein Umstand“. Ab 23. Oktober ist er damit in Österreich unterwegs.

Wandlungsfähig war Roland Düringer immer schon. Man denke nur an die vielen Rollen, die er im 90er-Kultfilm „Muttertag“ verkörpert hat. Bemerkenswert auch der Wandel, den er seit jener Zeit im Rahmen seiner künstlerischen Laufbahn vollzogen hat. Ob als glückloser Häuslbauer in „Hinterholz 8“, derb-proletoider „Benzinbruder“ oder skurriler Beamter Breitfuß in „MA2412“: Düringers Rollen auf Bühne, Leinwand oder im TV spielte er stets auf hohem Niveau, sah sich dabei aber immer der leichten Muse verpflichtet. Das Publikum dankte es ihm und er wurde zu einer der Schlüsselfiguren der „Goldenen Ära“ des modernen Kabaretts in den 1990ern und frühen 2000ern.


Heute steht ein anderer Roland Düringer vor uns: Er ist nachdenklich geworden, ruhiger, fällt schmähmäßig nicht mehr mit der Tür ins Haus. Der Düringer der 2010er-Jahre ist ein scharfsinniger Beobachter seiner Zeit, der Welt die ihn umgibt und der Menschen, unter denen er lebt. Die Missstände, auf die er stößt, thematisiert er auf der Bühne, aber auch im öffentlichen Diskurs. Dabei schreckt er nicht davor zurück, auch dahin zu greifen wo es wehtut. Humorlos ist er trotzdem nicht geworden, und auch seine Nähe zum Publikum hat er nicht verloren. Vielleicht ist Düringer heute volksnäher als er es jemals war. Seine „Wutbürger“-Rede in der letzten Folge von „Dorfers Donnerstalk“ im Dezember 2011 verbreitete sich rasend schnell in den sozialen Netzwerken. Da hatte einer den Leuten aus der Seele gesprochen, den Nerv der Zeit präzise getroffen.


Das bisher größte Projekt der aktuellen Schaffensperiode Düringers ist eine 3-teilige Vortragsreihe, deren ersten Teil - „ICH – Einleben“ - er seit Herbst 2010 auf Österreichs Bühnen präsentiert. Darin setzt er sich mit dem Unterschied zwischen „Leben“ und „Lebensgeschichte“ auseinander.


Mit „WIR – Ein Umstand“ geht der Vortragende nun einen Schritt weiter und stellt eine konstruierte „WIRklichkeit“ der „Welt, wie sie ist“ gegenüber. „WIRklichkeit“ meint hier jene eigentlich unbedeutenden Dinge, die nur deshalb Bedeutung erlangen, weil WIR sie ihnen unhinterfragt zuschreiben, also etwa Sprache, Arbeit, WIRtschaft, Politik und natürlich Geld. Demgegenüber stellt Düringer die Sphäre des Spürens, der Emotionen und der Empfindungen gegenüber, also der „Welt, wie sie ist“. Die These lautet also: „WIRklichkeit“ ist kollektiver Wahnsinn, der dem ICH scheinbar Schutz und Geborgenheit bietet, in Wahrheit aber das gestörte ICH in uns selbst erschafft.


Klingt alles auf den ersten Blick sehr kompliziert und nicht wirklich kabaretttauglich. Doch auch „ICH-Einleben“ wusste trotz des ernsten Hintergrundes bestens zu unterhalten. Ab 23. Oktober können WIR uns selbst ein Bild davon machen, ob dies im neuen Vortrag auch der Fall ist.

 

"WIR - Ein Umstand" ist Teil 2 einer 3-teiligen Vortragsreihe von und mit Roland Düringer und feiert am 23. Oktober 2012 um 20:00 Uhr im Wiener Stadtssal Premiere.

Alle Spieltermine das Programms finden Sie in unseremTerminkalender.

Tickets erhalten Sie u. a. bei www.oeticket.com.

 

Zum Neu- und Wiederentdecken. Die "Wutbürger-Rede" Roland Düringers im Rahmen von "Dorfers Donnerstalk":

 


 

Artikel vom 12.09.2012, 11:59 Uhr · rb
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